Kennst du die Spielregeln der Hundeerziehung?
Artgerechte Hundehaltung oder närrische Tierliebe?
Immer wieder werde ich als Hundetrainerin gefragt, wie man als Hundehalter das „Fehlverhalten“ seines Hundes unterbinden oder verändern kann? Tatsächlich ist es so, dass sich die Funktion unseres Hundes in den letzten Jahrzehnten wesentlich geändert hat. Der Hund hat immer mehr den Rang eines vollwertigen Familienmitglieds, er wird immer mehr zum Begleiter im Alltag und verliert seine ursprünglichen Funktionen. So ist es für etliche Tierbesitzer selbstverständlich, dass der Hund mit am Esstisch sitzt oder mit den Menschen im Bett schlafen darf. Die Grenze zwischen „artgerechter Haltung“ und „närrischer Tierliebe“ verschmilzt dabei zusehends.
“Fehlverhalten” des Hundes oder fehlende Selbstreflektion des Menschen?
Dies bleibt im Hundeverhalten nicht ohne Folgen. Viel zu schnell sprechen wir dann über das „Fehlverhalten“ des Hundes und vergessen dabei die Selbstreflektion unserer Handlungen die zu diesem Verhalten geführt bzw. dieses bestätigt haben. Die Verkettung unerwünschter, aber selbstbelohnender Handlungen des Hundes, sowie fehlende Erfahrung und falsche Einschätzung des Menschen prägen häufig das Zusammenleben und die daraus folgenden Konsequenzen. Der Hund zieht an der Leine, der Klingelton löst exzessives Bellverhalten aus, die Jagd auf Jogger und Fahrradfahrer wird zum Spießroutenlauf auf den täglichen Spaziergängen.
Was ist der erste Schritt der Verhaltensänderung?
Der erste Schritt um das bisherige Verhalten unseres Hundes zu verändern bzw. das Zusammenleben neu zu gestalten, ist die Selbstwahrnehmung als Spielleiter. Sofort stehen wir damit in der Verantwortung die Spielregeln im Zusammenleben mit unserem Hund neu zu definieren und zu vermitteln. Gleichzeitig werden wir zum wichtigen Part eines Spiels, in welchem man nur gemeinsam Zug um Zug weiterkommt. So führt jede Veränderung unseres Verhaltens zu einer Veränderung im Verhalten unseres Hundes.
Wenn ich also möchte, dass mein Hund auf ein bestimmtes Signal unvermittelt und jeglicher Ablenkung zum Trotz zu mir kommt, bedarf es zu Beginn der Definition und Visualisierung des neuen Spielablaufs. Auf welches eindeutige Rückrufsignal soll der Hund zurückkommen? Möchte ich eine unmittelbare Reaktion oder darf der Hund das ausführende Verhalten zu Ende bringen? Wo soll sich der Hund bei mir einfinden: am rechten oder linken Bein, im Vorsitz, in lockerer Entfernung? Wie bestätige ich richtiges Verhalten und wann ist der richtige Zeitpunkt unerwünschtes Verhalten zu unterbrechen? Je genauer ich das Spiel definiere, umso leichter wird es für den Hund das richtige Verhalten zu erkennen und zu wiederholen. Während ich als Mensch dabei den Ablauf und die eingesetzte Trainingsmethode bestimme, bestimmt der Hund das Tempo und die notwendige Wiederholungsrate bis das Spiel verstanden ist.
Definiere die Spielregeln für ein harmonisches Zusammenleben
Gleichzeitig geht es um mehr, als nur einzelne Verhaltensweisen neu zu definieren. Es geht darum zu verstehen, dass wir als Hundehalter die Verantwortung für das Verhalten unseres Hundes nicht in seine Pfoten abgeben dürfen. Respekt und Achtsamkeit sind die Grundvoraussetzungen einer gesunden Mensch-Hund-Beziehung. Wenn wir als Spielleiter keinen Respekt und keine Achtsamkeit von den Spielteilnehmern erfahren, werden wir auch nicht in der Lage sein, neue Spielregeln in den Alltag einzuführen. Dazu gehört auch die Verbindlichkeit des Spielablaufs von meinem Hund freundlich aber konsequent einzufordern.
So darf der Hund auch weiterhin am Esstisch sitzen oder das Bett mit seinem Halter teilen. Wichtig ist, dass jedem Spielteilnehmer die Spielregeln für ein harmonisches Zusammenleben bekannt sind.